Halle

Halle. Alte Heimat. Jugend. Schule. Erinnerung. Band. Jugendclub. Erste Liebe. Kino. Schule. Straßenbahn. Peißnitz. Saale. CentrumWarenhaus. FrischeGehacktesBrötchen. Schwarzbier. Sargdeckel. Paddlerheim. Gimritzer Damm. Baltic. Jambol. Wohngebietsgaststätte. Freunde. Kröllwitz. Garten. Musik. Fliegenpilz. Lehre. MaschinenUndAnlagenMonteur. MetallLeichtbauKombinat. Büschdorf. LinieNeun. POS. SechzehnterStock. BlockDreihundertUndDreißig. WohnungEinhundertUndVierUndSechzig. TischtennisPlatten. Magistrale. AchterWohnkomplex. Kanal. Baden. Fußball. HaEfZehChemie. KurtWabbelStadion. Schorre. SternburgHell. Pirouette. HerrRies. FrauLehmann. HerrPannicke. UndAst. Schneider. ReichsbahnAusbesserungsWerk. UTP. ESP. PA. GesellschaftFürSportUndTechnik. MelodieUndRhythmus. Eissporthalle. SchlittschuhFahren. Pelmeni. Che. Storchenschnabel. RoteToteImSand.KaufhalleAnDer Magistrale. MitteldeutscherExpress. ImmerSchlimmer. BildRedaktionHalle. Szenario. Thaliakeller.

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Abriss-Exkursionen: Fernsehwerk Halle

Über den Betriebszaun grinste die Silhouette des halleschen „Interhotel“, zum Bahnhof sind es keine fünf Minuten, zur Haupt-Nord-Süd-Schlagader quer durch die Stadt keine hundert Meter. Die Flaniermeile Halles beginnt auch gleich um die Ecke – das Werk Halle des ehemaligen VEB Kombinat Fernsehgerätewerk Staßfurt, vor dem Mauerfall Hauptversorger der DDR-Bevölkerung mit Westfernsehen und nach der Wende als Halle-Saaletronic GmbH treuhandverwaltet, liegt mitten in der City. 1989 beschäftigte der Zweigbetrieb des DDR-TV-Kombinates rund 2600 Menschen. An vorsintflutlichen Bändern, an denen Transistoren und Filter von Hand auf Leiterplatten gelötet wurden, saßen durchweg Frauen.

Der Frauenbetrieb aber wurde von Männern regiert. Und die begannen nach der Wende zu rechnen: Mit verheerenden Ergebnissen. Auch die Hasatronic arbeitete zu teuer. Jedes Teil, das den Betrieb verließ, mußte vom Staat gestützt werden. Als der Staat fort war, war auch die Produktion nicht mehr zu halten, denn Fernsehgeräte baut man nicht in Deutschland, sondern in Fernost.

Nokia, damals noch auf dem Weg vom Gummistiefelerzeuger zum Handy-Weltkonzern, erwog ebenso wie Sharp, die Reste der Firma zu kaufen. Das scheiterte aber an den Preisvorstellungen der Treuhand und an einem Wink aus dem Rathaus, das auf die anstehende Verschärfung von Auflagen für Produktionsbetriebe in Mischgebieten hinwies.

In Halle standen die Bänder still. So blieb es bei Auftragsarbeiten für Blaupunkt, Nokia und andere. Die aber blieben auch bald aus, weil „keine Firma Aufträge an Geschäftspartner vergibt, von denen sie nicht weiß, ob es sie morgen noch geben wird“, wie der letzte Geschäftsführer beschreibt. Der Auszehrung folgte die stille Liquidation.

Die wunderschöne, gutgelegene Immobilie der Hasa-tronic, von der die Belegschaft am Ende glaubte, sie sei das Schicksal des Unternehmens, weil das Filetstück großen Käufern mehr wert gewesen sei als ein produzierendes Unternehmen, blieb nach der Schließung 15 Jahre unberührt. Der Stadtrat beschloß 1995 einen ersten Vorhaben- und Erschließungsplan. Doch die Fabrikhallen verfielen, die Produktionsgebäude wurden von Gras überwuchert. Jetzt erst rollten die Bagger an, um aus der Ruinenfläche einen Vorzeigepark für die Internationale Bauausstellung 2010 zu machen.

Autor: Binladenhüter/Politplatschquatsch

  • Für MICHAEL RÖSCH

Zugegeben, er war kein Mensch, in den man sich beim ersten Treffen verlieben konnte, und er war auch niemand, den man beim zehnten Wiedersehen schon ganz verstand.

Michael Rösch liebte Renft und Puhdys, Hans-Jürgen Beyer und Reinhard Fissler. Letzteren hat er in seiner Krankheit begleitet, er hat mitgelitten und gebangt, gehofft und jede neue CD gekauft.

Aus seiner Wohnung am halleschen Riebeckplatz hat Micha die Veränderung der Welt beobachtet und dabei die Musik gehört, die ihm Heimat war – Renft und Puhdys, Stern Meißen und Karat, Silly und Walkabouts.

Er war studierter Bauingenieur, als Rockfan ein hallesches Original und als Steuerfachgehilfe arbeitslos. Er war nicht traurig darüber, weil er die neuen Möglichkeiten sah. Er hasste seinen letzten Chef und liebte Pilsner Bier.

Er lebte zwischen Wänden voll mit unzähligen CDs und fluchte auf die Deutsche Telekom, die ihm keinen DSL-Anschluss für die Betreuung seiner Webseiten www.halle-rockt.de und www.ostrockforum.de zur Verfügung stellen konnte. Micha moderierte die Sendung Rocktrabant bei Radio Corax, und dabei war er glücklich.

Am 30.12.2006 ist Michael Rösch in seiner Wohnung hoch über dem Riebeckplatz in Halle gestorben.

Wir, die wir das Glück hatten, ihn regelmäßig treffen und von seinem enzyklopädischen Wissen profitieren durften, sind sprachlos vor Traurigkeit.

Steffen Könau

Peißnitz, Pirouette, Tischtennisplatte

Das war wohl nichts. Wollte mal wieder etwas über die eigene Jugendzeit schreiben. Da gibt es viele Erinnerungen, viele Bilder im Kopf. Und die Vorstellungen, was wohl aus diesem und jenem geworden ist. Also nicht nur Leute. Sondern auch und vor allem Orte.Also “recherchiert” man in der Vergangenheit. Was macht man in einem solchen Fall? Wenn man mit Rechner und Netzanschluss versorgt ist? Genau. Man gibt bei diversen Suchmaschinen diverse Suchworte ein. So hab ich das auch gemacht. Suchworte: Peißnitz, Pirouette, Tischtennisplatte.Die Pirouette. Das war unsere erste Stammkneipe. Die meisten von uns waren 15, 16. Einer war schon älter. Mit ihm vorneweg trauten wir uns hinein, in die Pirouette. Das war nicht irgendeine Kneipe. Das war das Restaurant der Eissporthalle in Halle (wo wir jeden Mittwoch Schlittschuhlaufen waren). Dort am Gimritzer Damm, schräg gegenüber vom Stasi-Haus. In der Pirouette gab es weiße Tischdecken und Ober in Kellner-Uniformen. Mit Hemd, Weste und Fliege. Fast jeden Sonntag waren wir dort. 16 oder 17 Uhr machten die erst auf.Herr Ries war “unser” Kellner. Er begrüßte uns immer wie ganz alte Stammgäste, behandelte uns zuvorkommend und manchmal auch zuvor anderen. Weil wir eben ne gute Truppe waren. Und zuverlässig. Wir kamen jeden Sonntag zu Bier, Schinkenplatte, Würzfleisch und manchmal auch zu nem Kiwi, Pfeffi oder Apfelkorn. Je nach Vorhandensein von Geld.
Hinter dieser Eissporthalle führte eine kleine Brücke zur Peißnitz. Die Brücke gibt´s wahrscheinlich immer noch. Und sie führt auch immer noch zur Peißnitz. Das ist eine Insel inmitten der Saale, zwischen Halle und Haneu gelegen. Auf der einen Seite die Plattenbauten der Neustadt, auf der anderen Seite das Rive-Ufer, der Volkspark, Mühlweg- und Paulusviertel, Altstadt eben.
Und dort auf der Peißnitz standen damals Tischtennisplatten. Aus Stein. Oder Beton? Jedenfalls konnte man dort (entgegen allen ersten Vermutungen) wunderbar Tischtennis spielen. Und Skat. Sowie Karo rauchen und Bier trinken. Musik hören und Knutschen. Sich mit der Polizei anlegen und Deep Purple von einem tragbaren (eigentlich für Tonmitschnitte gebauten) Spulen-Tonbandgerät hören. Oder auch Queen und Status Quo vom Kassettenrecorder. So war das.
Aber zurück zur Suchanfrage. Gibt man Peißnitz, Pirouette und TischtennisplatteSuchwort ein, landet man einen einzigen Treffer: Genau diese Seite hier, also mein Blog. Unglaublich. Hatte ich doch mit mehreren hundert gerechnet. Allerdings wird es nach dieser Veröffentlichung eventuell zwei Treffer geben. Immerhin…
Wie auch immer. Reisen in die eigene Geschichte funktionieren nicht übers Internet. Jedenfalls nicht so richtig. Also hilft nur eins: Hinfahren. Hinfahren und selber gucken, was daraus geworden ist. Zu den Freunden hab ich ja glücklicherweise immer noch Kontakt. Und die Peißnitz und die Tischtennisplatten, die werde ich mir demnächst wieder einmal vor Ort ansehen. Wenn es sie noch gibt. Auf nach Halle!

TSCHÜSS, SCHORSCHI

Das letzte Treffen war lange her. Vielleicht zwei, drei Jahre. In Halle, auf der Straße. Kurzes Hallo, kurze Unterhaltung. Man könnte doch mal wieder. Sicher, ich melde mich. Dann habe ich von Schorschi nichts mehr gehört. Bis Anfang Januar. Als seine Todesanzeige in der Zeitung war.

Wir haben zusammen Musik gemacht. Nicht nur das. Schorschi hat mich zum Musiker gemacht. Auf der Musikschule und im Orchester spielte ich schon vorher. Aber in einer Band, das war schon etwas anderes. Eine schöne Zeit jedenfalls. Fliegenpilz. Manchmal recht abenteuerlich, nicht immer gerade lustig, aber immer ehrlich. Etwas zu viel getrunken haben wir damals. Besonders Du Schorschi. Im Sargdeckel, in Deiner Bude in der Adam-Kuckhoff-Straße mit dem Haarsträube-Studio von Delphi unterm Dach. Man konnte immer bei Dir klingeln. Du konntest zuhören. Und Gitarre spielen. Und Kontrabass.

In diesem Jahr wollten wir zu unserem Sommertreffen eine Mugge organisieren. Mit der alten Band. Mit Fliepi. Also auch mit Dir. Ich habe die Texte schon abgestaubt und angefangen wieder zu lernen. „Der Laubfrosch liegt so matt“, „HR 3 wünscht Guten Morgen“, „Papst und Sultan“, „Es lebt der Eisbär in Sibirien“, „Daughters & Sons“, „Alle meine Lebetag“.

Nur jetzt müssen wir ohne Dich singen. Dein Herz war zu schwach. Dein Herz war so gut. Am 30. Dezember 2007 hat es aufgehört zu schlagen. Du warst 54 Jahre alt. Tschüss, Schorschi.

Wir werden trotzdem spielen. Mit dem Rest der Band. Mit Sven. Vielleicht mit Kerstin. Und Du wirst in unserer Mitte sein. Versprochen.

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4 Kommentare zu “Halle

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